Medizin 2 | Jahresbericht 2017

WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG Die Oberfläche des Herzens ist von Fettgewebe über - zogen. Das sogenannte „epikardiale Fettgewebe“ liegt dem Myokard direkt auf, glättet die Oberfläche und erleichtert die Bewegung des Herzmuskels in- nerhalb des Herzbeutels. Das epikardiale Fett zählt zu den viszeralen Fettdepots im Körper. Sein Volu- men korreliert nicht direkt mit dem Körpergewicht oder der Menge des subkutanen Fettgewebes. Die Koronararterien sind in das epikardiale Fettge- webe eingebettet. Da viszerales Fett keineswegs nur ein passives Gewebe ist, sondern intensive metabo- lische Funktionen wahrnimmt, geht man davon aus, dass eine Wechselwirkung zwischen der koronaren Atherosklerose und dem epikardialen Fettgewebe besteht. Die Arbeitsgruppe „kardiale Computertomo- graphie“ der Medizinischen Klinik 2 beschäftigt sich seit mehreren Jahren intensiv mit diesem Thema, welches neben der Klärung pathophysiologischer Zusammenhänge potentiell diagnostische und therapeutische Implikationen hat. Zum Teil erfolgen diese Arbeiten in enger Kollaboration mit Wissen- schaftlern am Cedars Sinai Medical Center, Los Angeles, CA, USA (Professor Daniel Berman) und mit der University of Oxford, England (Professor Stefan Neubauer). Das Volumen des epikardialen Fettgewebes lässt sich mittels Computertomographie exakt ermitteln. Es wurde wiederholt nachgewiesen, dass eine Korre- lation zwischen dem Volumen des epikardialen Fetts und dem Ausmaß der koronaren Atherosklerose sowie auch dem Risiko für kardiovaskuläre Ereig- nisse besteht. Der prädiktive Wert des epikardialen Fettvolumens ist unabhängig von traditionellen Risi- kofaktoren, was die These einer direkten Wechsel- wirkung unterstützt. An CT-Datensätzen lässt sich darüber hinaus nach- weisen, dass auch eine Wechselwirkung zwischen der koronaren Atherosklerose und der Zusammen- setzung des epikardialen Fettgewebes besteht. CT-Dichtewerte wiederum können Hinweise auf die Zusammensetzung des Fettgewebes geben. Die Erlanger Wissenschaftler haben hierzu methodi- sche Grundlagenarbeiten publiziert, da die Analyse von CT-Dichtewerten zahlreichen Einflussfaktoren unterliegt. Diese müssen berücksichtigt werden, um kleine Unterschiede zuverlässig zu erkennen und korrekt zu interpretieren. An großen Patientenkollek- tiven zeigt sich, dass nicht nur das Ausmaß koro- narer atherosklerotischer Veränderungen an den Koronararterien, sondern interessanterweise auch die Zusammensetzung der Plaques mit den Dichte- werten des umgebenden Fettgewebes korreliert. So ist das Fettgewebe im Bereich von Koronarplaques dichter als im Bereich normaler Koronarsegmente und das Fett, welches „vulnerable Plaques“ umgibt, ist geringfügig, aber signifikant dichter als das Fett - gewebe im Bereich stabiler Plaques. In welche Richtung die Wechselwirkung zwischen Atherosklerose und Fettgewebe besteht, ist letztlich nicht geklärt. Üblicherweise wird davon ausgegan - gen, dass das Fettgewebe die koronare Athero- sklerose fördert. Dies ist aber keineswegs gesichert – zusammen mit den Kollegen der Oxford University gehen die Erlanger Wissenschaftler Hinweisen nach, ob die Wechselwirkung vielmehr entgegengesetzt gerichtet ist: Koronare atherosklerotische Plaques haben möglicherweise eine Wirkung auf die Eigen- schaften des umliegenden Fettgewebes. In diesem Fall könnten Dichteänderungen im Fettgewebe diagnostisch als „Signal“ für besonders gefährdete Patienten und Läsionen dienen. Projektbeschreibung: Epikardiales Fettgewebe und Koronare Herzerkrankung 92 | Jahresbericht 2017 | Medizinische Klinik 2

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